Stell Dir vor, Deine Aufgabe ist die Planung einer Kirmes in einer mittelgroßen Stadt in Nordrhein-Westfalen. Wo fängst Du an? Und welche Schwierigkeiten sind wohl zu lösen? Wir haben mit Matthias Vorholt, dem Platzmeister der Kirmes Bellhammi in Hamminkeln darüber gesprochen.
Silke von ummet-eck.de: Matthias, Du bist Platzmeister der Kirmes Bellhammi in Hamminkeln, die jährlich Ende September stattfindet. Wie lange machst Du diesen Job schon – und warum?
Matthias Vorholt: Hallo Silke. Ja genau. Wobei ich vorab schon betonen möchte, dass das ganze bei uns im Zusammenspiel mehrerer Personen stattfindet. Da wir die Kirmes ehrenamtlich als Heimatverein organisieren, wäre dies auch anders nicht möglich. Ich persönlich bin aber federführend für die Gespräche und Vertragsabschlüsse mit den Schaustellern zuständig. Das Ganze mache ich nun seit 2014. Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, denn ich war immer schon ein kleiner Kirmes Freak😄 Schon als kleines Kind habe ich jede freie Minute im Vorfeld unserer Kirmes damit verbracht, bei den Aufbauarbeiten zuzusehen.
Dann bist Du ja nun an der richtigen Stelle. Wie und wann beginnst Du die Planungen? Und was gehört alles dazu?
Im Endeffekt beginnt während der Kirmes schon die Planung für das nächste Jahr. Viele Gespräche mit Stammbeschickern finden statt und es melden sich auch einige Schausteller, die Interesse haben, im nächsten Jahr dabei zu sein. Generell gibt es aber bei uns die Möglichkeit, sich bis zum 30.11. zu bewerben. Natürlich werden aber auch in diesem Zeitraum schon viele Gespräche geführt. Die Vertragsabschlüsse ziehen sich dann meist bis ins neue Jahr. Das sind neben den Genehmigungen für die Veranstaltungen soweit die ersten Schritte. Kleinere Veränderungen hierzu finden aber in der Regel über das ganze Jahr immer wieder mal statt. Und natürlich muss man auch weitere Dinge beachten und klären wie zum Beispiel die Strom- und Wasserversorgung.
Also beschäftigt Euch die Kirmes über das ganze Jahr. Wer hilft noch alles mit, die Kirmes in Hamminkeln auf die Beine zu stellen?
Wie zu Beginn schon betont: Bei uns läuft alles ehrenamtlich über den Heimatverein (HVV). Wir als Vorstand sind mit 15 Leuten an der Organisation beteiligt. Vier Leute von uns nehmen sich in der Woche vor der Kirmes dafür Urlaub, um die Aufbauphase zu begleiten. Über das Jahr verteilt organisieren wir aber auch weitere Veranstaltungen wie zum Beispiel den Tanz in den Mai. Desweiteren werden wir durch unsere Stadt bei der Organisation unterstützt und uns werden die entsprechenden Flächen für den Veranstaltungszeitraum zur Verfügung gestellt.
Als langjähriges eingespieltes Team wisst Ihr, was zu tun ist. Doch bei wie vielen kurzfristigen Absagen bekommst Du Puls? Was ist dann der Plan B?
Vor allem kurzfristige Absagen von Fahrgeschäften sind äußerst ärgerlich. Mittlerweile habe ich mir aber angewöhnt, mir im Vorfeld eine Liste mit möglichen Ersatzgeschäften zu erarbeiten. Das heißt: Ich schaue auf den Parallel-Veranstaltungen, welche Fahrgeschäfte dort auffahren sollen und notiere mir die Geschäfte, die nirgendwo gemeldet sind. Das vereinfacht im Notfall vieles, denn man kann sich punktueller bemühen. Mein inzwischen großes Netzwerk hilft mir zusätzlich hierbei. So ist es mir in den letzten zwei Jahren jeweils gelungen, auf eine kurzfristige Absage reagieren zu können und ich habe gleichwertigen Ersatz gefunden.
Bei den Randgeschäften fällt es besonders in Gewicht, wenn ein Geschäft absagt, welches nur einmal vertreten ist. Drei bis vier Absagen sind aber kaum zu kompensieren, das Problem hatten wir zum Glück aber noch nicht.
Generell ist natürlich jede Absage mit viel Aufwand verbunden. Bei etwas mehr als 50 Schaustellern in jedem Jahr (in diesem Jahr zum Beispiel der Fighter, Break Dance, Silbermine, Walzerfahrt, Riesenrad, Autoscooter und weitere Kinderfahrgeschäfte) fällt da leider jede Absage ins Gewicht.
Sowas bekommt man als Besucher ja dank eurer unermüdlichen Arbeit kaum mit. Auch spannend: Was musst Du beim Erstellen des Lageplans beachten?
Theoretisch gar nicht so viel. Wichtig ist, dass die vorgegebene Durchfahrtsbreite gegeben ist für den Notfall. Ansonsten ist der Kreativität – was die Positionierung der Geschäfte angeht – keine Grenze gesetzt. Natürlich aber immer rücksichtnehmend auf die Flächen, die man zur Verfügung hat. Bei uns ist es zum Beispiel so, dass einige Bereiche aus Rücksichtnahme auf lokale Geschäfte bewusst nicht bebaut werden. Dennoch muss das ganze gesamtheitlich möglichst stimmig bebaut sein.
Wie viele Leute besuchen jedes Jahr die Kirmes in Hamminkeln?
Das ist schwer zu beantworten. Wir führen keine Zählung durch. Ordnungsbehörde und auch teilnehmende Schausteller sprachen aber in diesem Jahr von einem neuen Besucher Rekord und über 30.000 Besuchern. Für uns eine tolle Bestätigung, denn es gelingt uns, die Veranstaltung Jahr für Jahr weiter zu entwickeln und das sieht man dann auch an den Besucherzahlen.
Das ist die schönste Bestätigung! Machst Du auch noch das Marketing und die Werbung für die Kirmes?
Einen Teil hiervon übernehme ich. Die Verwaltung unserer Social Media Accounts mit entsprechenden Infos ist da enorm wichtig. Aber auch die Gespräche mit der lokalen Presse führe ich. Das Aufstellen und Aufhängen von Werbe Plakaten gehört ebenfalls mit zum Gesamtpaket. Aber hier können wir einen Großteil auf uns 15 Vorstandsleute aufteilen.
Was sind Deine Aufgaben, während die Kirmes läuft?
Tatsächlich fällt mit der Abnahme durch die Ordnungsbehörden kurz vor Beginn der Veranstaltung etwas der Ballast der vergangenen Tage ab und die Vorfreude steigt. Während der Veranstaltung kann man das Ganze dann auch einfach mal genießen, auch wenn man immer wieder in Kontakt mit allen Schaustellern sowie auch den Ordnungsbehörden ist und es auch hin und wieder Probleme zu lösen gibt. Hinzu kommt noch, dass wir als Heimatverein zur Eröffnung mit dem Fassanstich des Bürgermeisters selbst einen Ausschank betreiben. Am letzten Tag geh ich dann nochmal meine Runde, hole mir ein Fazit der Schausteller und bedanke mich für die Zusammenarbeit.
Die Entspannung ist dann jedenfalls mehr als verdient. Fährst Du auch selbst auf andere Kirmes-Veranstaltungen?
Auf jeden Fall. Fahre sehr gerne selbst mit einigen Fahrgeschäften und lass mich auch gerne auf anderen Festen inspirieren. Und natürlich suche ich auch das ein oder andere Mal den Kontakt zu einem Schausteller, der für uns in Frage kommt. Oft auch mit Erfolg.
Welches Fahr- oder Laufgeschäft wäre Dein Traum, es mal in Hamminkeln zu sehen?
In diesem Jahr habe ich mir mit dem „Fighter“ schon einen persönlichen Wunsch erfüllt. Eines meiner absoluten Lieblingsfahrgeschäfte! Gesehen zu haben, wie es dort am gesamten Wochenende lange Warteschlangen gab, erfreute mich als Platzmeister aber umso mehr.
Aber es gibt weitere Geschäfte, die ich gerne mal bei uns begrüßen würde. Black Out, Take Off, Shake & Roll, Escape oder mal wieder ein Flipper wären toll. Zu meinen Lieblingen gehörte aber auch der High Energy.
Mal schauen, was die Zukunft so bringt. Wir freuen uns jedenfalls auf weitere tolle Veranstaltungen und im Vorhinein über jede Bewerbung an uns als Veranstalter. Im nächsten Jahr feiern wir als HVV übrigens unser 50-jähriges Bestehen und versuchen entsprechend natürlich eine besondere Kirmes auf die Beine zu stellen.
Wir drücken Euch die Daumen, dass für das nächste Jahr alles perfekt ineinanderspielt und freuen uns auf die Hamminkelner Kirmes 2024 vom 27. bis 30. September. Danke für das Gespräch, Matthias!
Wer sich bis 30. November 2023 für die Hamminkelner Kirmes 2024 bewerben möchte – hier sind die Infos: